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Abstract
Es gibt Länder in Europa, die durch eine weitgehende Identität des Konfessionellen und Nationalen gekennzeichnet sind. Dies trifft nicht nur für staatskirchlich geprägte protestantische Staaten zu, sondern auch für katholische: Man denke nur an Polen oder Irland.1 Dabei ist wohl das Faktum entscheidend, dass tatsächlich ein überwältigender Anteil der Bevölkerung einer bestimmten Konfession zuzurechnen ist, aber darüber hinaus auch ein Bewusstsein einer gemeinsamen Kultur und Tradition herrscht, das aufs engste an eine konfessionell geprägte Deutung der eigenen Geschichte geknüpft ist. Die nationale Identität eines Polen oder Iren bestand in der Vergangenheit – und vielfach noch heute – weitgehend darin, dass er katholisch ist. Diese Identitätsbildung soll im Folgenden in Bezug auf Irland befragt werden hinsichtlich ihrer Aufklärungskomponente: Kann man sagen, dass gerade im Zeitalter der Aufklärung auch auf katholischer Seite die Möglichkeit entstand, eine religionsgeprägte Identitätsbildung zu überwinden durch eine politische, auf die Nation bezogene? Oder liegen die Verhältnisse in Irland grundlegend anders, als es die allgemeinen europäischen Modernisierungsvorstellungen erwarten lassen? Mit der Ansetzung der Sonde »Aufklärung« verbindet sich eine bestimmte Epochenfokussierung sowie ein Set von Ideen wie Vernunft, Freiheit und Toleranz, darüber hinaus aber auch ein bildungsgeschichtlicher Ansatz, der danach fragt, wie weit die allgemeine kulturelle Entwicklung der irischen Geschichte bedingt oder beeinflusst war von Gegebenheiten des Bildungssystems, der Schulen und Universitäten – und, damit zusammenhängend, der internationalen Affiliationen. Und all dies im Kontext einer wirtschaftlichen, sozialen und politischen Bewegung, welche durchgehend geprägt war von einer scharfen Entgegensetzung von katholisch und protestantisch, wenn es auch am Ende des 18. Jahrhunderts die Möglichkeit zu geben schien, die konfessionelle Etikettierung zu überbrücken durch eine nationale Unifizierung, die damals in Theobald Wolfe Tones klassischem Postulat aufschien: