{"title":"Les récits de métamorphoses du corps dans la nouvelle fantastique allemande du début du xxe siècle","authors":"Jean-Jacques Pollet","doi":"10.4000/ceg.10071","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"In der deutschsprachigen phantastischen Bibliothek des Anfangs des 20. Jahrhunderts wollen wir jene Novellen und Erzahlungen heraussuchen, die eine Verwandlung zum Thema haben, d.h. eine so tiefgreifende Veranderung des menschlichen Korpers (oder dessen einen Teiles) dass das ganze Wesen nicht mehr als solches zu erkennen ist und zu einem anderen Bereich gehort, z. B. infolge einer Tierwerdung, Vegetalisierung, Versteinerung oder Verdinglichung.Die Verwandlung ist bekanntlich ein gangiges Thema des Marchens und der Science-fiction. Darf man von einer besonderen Affinitat mit der Phantastik sprechen? Davon ausgehend, dass das die Phantastik konstituierende Moment der Verunsicherung auf den unerklarlichen und/oder monstrosen Charakter des dargestellten Ereignisses zuruckzufuhren ist, kann man denken, dass sich das Thema der Verwandlung theoretisch als besonders fruchtbar fur die Phantastik erweist, sofern als es im Prinzip auf beiden Registern spielen kann. Eine Plastizitat, die eine breite Nuancenskala eroffnet, von dem phantastisch-seltsamen zu dem phantastisch-grauenvollen, je nachdem die Erzahlung eher die intellektuellen Gesetze der Glaubwurdigkeit oder die kulturellen, an die Unverletzlichkeit und Identitat der Person gebundenen Normen hinterfragt.Im Rahmen unseres Corpus lasst sich ein erster Erzahlungstyp unterscheiden, der die Verwandlung als Produkt eines instrumentellen, operativen Eingriffs in den Organismus darstellt. Von Interesse ist dabei im allgemeinen nicht so sehr die angewandte Methodik als die Motivation der damonischen Figur.Eine zweite, mannigfaltige Kategorie bilden jene Erzahlungen, welche die Verwandlung als das Ergebnis eines magischen Prozesses hinstellen, sei es ein mehr oder weniger ubernaturliches Phanomen (Verwirklichung eines an einen Ort oder eine bose Tat gebundenen Fluches) oder bewusstes Werk einer mit Zauberkraft versehenen Gestalt (Magier, Hexen, femme fatale…). Entscheidend ist hier die Interpretation des schuldhaften Benehmens, das den Prozess herbeifuhrt und dadurch die Verwandlung als Bestrafung oder Erfullung erscheinen lasst.Zu einer letzten Gruppe gehoren jene Erzahlungen, meist von den Autoren selbst als „Grotesken“ bezeichnet, welche die Verwandlung, uber alle Regeln der Glaubwurdigkeit hinaus, als Mittel zur einer mehr oder weniger skurrilen Satire benutzen. Grundverschieden sind dabei die Weltanschauungen, die solchen Satiren zugrunde liegen.Die Verwandlung erscheint also als ein Lieblingsthema der deutschsprachigen phantastischen Novellistik des Anfangs des 20. Jahrhunderts. Es findet sich in den verschiedenen Formen wieder, die das Genre zu dieser Zeit illustrieren, das als Gegenstuck, „a rebours“ zu den Platituden des Post-Naturalismus eine grundsatzlich asthetisierend-spiritualistische, subversive Literatur intendiert, welche aber leider in einigen Fallen der Trivialitat und einer zweifelhaften Ideologie verfallt.","PeriodicalId":434812,"journal":{"name":"Cahiers d’études germaniques","volume":"52 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2020-01-20","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Cahiers d’études germaniques","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.4000/ceg.10071","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
In der deutschsprachigen phantastischen Bibliothek des Anfangs des 20. Jahrhunderts wollen wir jene Novellen und Erzahlungen heraussuchen, die eine Verwandlung zum Thema haben, d.h. eine so tiefgreifende Veranderung des menschlichen Korpers (oder dessen einen Teiles) dass das ganze Wesen nicht mehr als solches zu erkennen ist und zu einem anderen Bereich gehort, z. B. infolge einer Tierwerdung, Vegetalisierung, Versteinerung oder Verdinglichung.Die Verwandlung ist bekanntlich ein gangiges Thema des Marchens und der Science-fiction. Darf man von einer besonderen Affinitat mit der Phantastik sprechen? Davon ausgehend, dass das die Phantastik konstituierende Moment der Verunsicherung auf den unerklarlichen und/oder monstrosen Charakter des dargestellten Ereignisses zuruckzufuhren ist, kann man denken, dass sich das Thema der Verwandlung theoretisch als besonders fruchtbar fur die Phantastik erweist, sofern als es im Prinzip auf beiden Registern spielen kann. Eine Plastizitat, die eine breite Nuancenskala eroffnet, von dem phantastisch-seltsamen zu dem phantastisch-grauenvollen, je nachdem die Erzahlung eher die intellektuellen Gesetze der Glaubwurdigkeit oder die kulturellen, an die Unverletzlichkeit und Identitat der Person gebundenen Normen hinterfragt.Im Rahmen unseres Corpus lasst sich ein erster Erzahlungstyp unterscheiden, der die Verwandlung als Produkt eines instrumentellen, operativen Eingriffs in den Organismus darstellt. Von Interesse ist dabei im allgemeinen nicht so sehr die angewandte Methodik als die Motivation der damonischen Figur.Eine zweite, mannigfaltige Kategorie bilden jene Erzahlungen, welche die Verwandlung als das Ergebnis eines magischen Prozesses hinstellen, sei es ein mehr oder weniger ubernaturliches Phanomen (Verwirklichung eines an einen Ort oder eine bose Tat gebundenen Fluches) oder bewusstes Werk einer mit Zauberkraft versehenen Gestalt (Magier, Hexen, femme fatale…). Entscheidend ist hier die Interpretation des schuldhaften Benehmens, das den Prozess herbeifuhrt und dadurch die Verwandlung als Bestrafung oder Erfullung erscheinen lasst.Zu einer letzten Gruppe gehoren jene Erzahlungen, meist von den Autoren selbst als „Grotesken“ bezeichnet, welche die Verwandlung, uber alle Regeln der Glaubwurdigkeit hinaus, als Mittel zur einer mehr oder weniger skurrilen Satire benutzen. Grundverschieden sind dabei die Weltanschauungen, die solchen Satiren zugrunde liegen.Die Verwandlung erscheint also als ein Lieblingsthema der deutschsprachigen phantastischen Novellistik des Anfangs des 20. Jahrhunderts. Es findet sich in den verschiedenen Formen wieder, die das Genre zu dieser Zeit illustrieren, das als Gegenstuck, „a rebours“ zu den Platituden des Post-Naturalismus eine grundsatzlich asthetisierend-spiritualistische, subversive Literatur intendiert, welche aber leider in einigen Fallen der Trivialitat und einer zweifelhaften Ideologie verfallt.