Der "Allgemeine Soziale Dienst (ASD)" als Gegenstand eines Handbuchs - ein Beitrag zur Anerkennung der Bedeutung und der Professionalität eines Handlungsfeldes
{"title":"Der \"Allgemeine Soziale Dienst (ASD)\" als Gegenstand eines Handbuchs - ein Beitrag zur Anerkennung der Bedeutung und der Professionalität eines Handlungsfeldes","authors":"Joachim Merchel","doi":"10.2378/ASDA3.ART01","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Betrachtet man die Veröffentlichungen zum „Allgemeinen Sozialen Dienst“ (ASD), so ist man erstaunt: Während seit einigen Jahren der ASD sich insbesondere vor dem Hintergrund der fehlgelaufenen Kinderschutzfälle und der damit einsetzenden Kinderschutzdebatten einer relativ großen Aufmerksamkeit in der Fachöffentlichkeit sicher sein kann, war das fachliche und fachpolitische Interesse, das dem ASD entgegengebracht wurde, über eine lange Zeit gering. Es hat zwar vielfältige Veröffentlichungen gegeben zu methodischen Aspekten (Hilfeplanung, kollegiale Beratung, Trennungsund Scheidungsberatung, Case Management etc.), die auch in die Arbeit des ASD hineinragten, aber selten wurde der ASD als „Ganzheit“ in Blick genommen mit seinen vielfältigen Facetten der Organisationsmodalitäten, der fachlichen Anforderungen und methodischen Vorgehensweisen, der Herausbildung von professionellen Haltungen und Arbeitsweisen seiner Mitarbeiter, der Kooperationsbezüge zu anderen Organisationen u. a. m. Man war sich bewusst, dass es in der Kommunalverwaltung eine Organisationseinheit gab, die sich aus den Traditionen der kommunalen Armenpflege und später vor allem aus der Familienfürsorge, dem Außendienst des Jugendamtes, entwickelt hatte. Aber man hat diesem Dienst keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet, die Frage seiner professionellen Ausgestaltung wurde nur wenig diskutiert. Dies änderte sich nachdrücklich erst mit dem Beginn der Kinderschutzdebatten, ausgelöst durch das „Osnabrücker Verfahren“ (Mörsberger / Restemeier 1997) und in der Folge durch die intensiven Diskussionen zu weiteren „fehlgelaufenen“ Kinderschutzfällen. Doch das „Osnabrücker Ver fahren“ wurde noch weniger unter der Frage diskutiert, wie sich ein Jugendamt bzw. ein ASD organisatorisch und fachlich auf die Erfüllung der Schutzaufgaben einzustellen habe, sondern eher unter dem Aspekt der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und des Risikos, dem die einzelne Fachkraft bei ihren beruflichen Aufgaben ausgesetzt sei (Deutscher Verein / AGJ 2001, Bringewat 1997). Erst allmählich gerieten die fachlichen und organisationsbezogenen Anforderungen an das Jugendamt bzw. den ASD bei der Gewährleis tung eines angemessenen Kinderschutzes in den Blick – eine Perspektive, die dann im Gefolge weiterer zu Tode gekommener Kinder intensiver und differenzierter diskutiert wurde. Mit der Hervorhebung, dass bei den „fehlgelaufenen“ Kinderschutzfällen nicht nur die Qualifikationen und das Handeln der jeweiligen Mitarbeiter überprüft werden dürfen, sondern gleichermaßen die Organisationsverantwortung des Jugendamtes zur Debatte steht (ISS 2012), wurden nun auch Aufgaben, Organisationsmodalitäten und Handlungsweisen im ASD intensiver analysiert und diskutiert. Zugespitzt formuliert: Bedauerlicherweise löste erst der Tod von Kindern eine intensivere fachliche Beschäftigung mit dem ASD aus – dies aber unter einem spezifischen Fokus: dem Kinderschutz. „Kinderschutz“ wurde einseitig zum zentralen thematischen Verankerungspunkt der Debatten zum ASD. Obwohl der ASD, dem bisweilen der Status eines „Basisdienstes“ der Sozialen Arbeit zugesprochen wurde (Greese 1994, 45), eine erhebliche Bedeu-","PeriodicalId":273054,"journal":{"name":"Handbuch Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD), 3. aktual. u. erw. Auflage","volume":"80 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"1900-01-01","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Handbuch Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD), 3. aktual. u. erw. Auflage","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.2378/ASDA3.ART01","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Betrachtet man die Veröffentlichungen zum „Allgemeinen Sozialen Dienst“ (ASD), so ist man erstaunt: Während seit einigen Jahren der ASD sich insbesondere vor dem Hintergrund der fehlgelaufenen Kinderschutzfälle und der damit einsetzenden Kinderschutzdebatten einer relativ großen Aufmerksamkeit in der Fachöffentlichkeit sicher sein kann, war das fachliche und fachpolitische Interesse, das dem ASD entgegengebracht wurde, über eine lange Zeit gering. Es hat zwar vielfältige Veröffentlichungen gegeben zu methodischen Aspekten (Hilfeplanung, kollegiale Beratung, Trennungsund Scheidungsberatung, Case Management etc.), die auch in die Arbeit des ASD hineinragten, aber selten wurde der ASD als „Ganzheit“ in Blick genommen mit seinen vielfältigen Facetten der Organisationsmodalitäten, der fachlichen Anforderungen und methodischen Vorgehensweisen, der Herausbildung von professionellen Haltungen und Arbeitsweisen seiner Mitarbeiter, der Kooperationsbezüge zu anderen Organisationen u. a. m. Man war sich bewusst, dass es in der Kommunalverwaltung eine Organisationseinheit gab, die sich aus den Traditionen der kommunalen Armenpflege und später vor allem aus der Familienfürsorge, dem Außendienst des Jugendamtes, entwickelt hatte. Aber man hat diesem Dienst keine besondere Aufmerksamkeit gewidmet, die Frage seiner professionellen Ausgestaltung wurde nur wenig diskutiert. Dies änderte sich nachdrücklich erst mit dem Beginn der Kinderschutzdebatten, ausgelöst durch das „Osnabrücker Verfahren“ (Mörsberger / Restemeier 1997) und in der Folge durch die intensiven Diskussionen zu weiteren „fehlgelaufenen“ Kinderschutzfällen. Doch das „Osnabrücker Ver fahren“ wurde noch weniger unter der Frage diskutiert, wie sich ein Jugendamt bzw. ein ASD organisatorisch und fachlich auf die Erfüllung der Schutzaufgaben einzustellen habe, sondern eher unter dem Aspekt der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und des Risikos, dem die einzelne Fachkraft bei ihren beruflichen Aufgaben ausgesetzt sei (Deutscher Verein / AGJ 2001, Bringewat 1997). Erst allmählich gerieten die fachlichen und organisationsbezogenen Anforderungen an das Jugendamt bzw. den ASD bei der Gewährleis tung eines angemessenen Kinderschutzes in den Blick – eine Perspektive, die dann im Gefolge weiterer zu Tode gekommener Kinder intensiver und differenzierter diskutiert wurde. Mit der Hervorhebung, dass bei den „fehlgelaufenen“ Kinderschutzfällen nicht nur die Qualifikationen und das Handeln der jeweiligen Mitarbeiter überprüft werden dürfen, sondern gleichermaßen die Organisationsverantwortung des Jugendamtes zur Debatte steht (ISS 2012), wurden nun auch Aufgaben, Organisationsmodalitäten und Handlungsweisen im ASD intensiver analysiert und diskutiert. Zugespitzt formuliert: Bedauerlicherweise löste erst der Tod von Kindern eine intensivere fachliche Beschäftigung mit dem ASD aus – dies aber unter einem spezifischen Fokus: dem Kinderschutz. „Kinderschutz“ wurde einseitig zum zentralen thematischen Verankerungspunkt der Debatten zum ASD. Obwohl der ASD, dem bisweilen der Status eines „Basisdienstes“ der Sozialen Arbeit zugesprochen wurde (Greese 1994, 45), eine erhebliche Bedeu-