{"title":"Wirtschaft ohne Ethik? Eine ökonomischphilosophische Analyse","authors":"E. Beretta","doi":"10.2478/jome-2018-0004","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Das Buch stellt einen bedeutenden Versuch dar, sachliche und normative Grundlagen freier Wirtschaftsund Gesellschaftssysteme zu begreifen. Vor allem nehmen sich die Autoren vor, das Stichwort „Ethik“ zur Beantwortung unternehmerisch-ökonomischer Fragen zu nutzen. Respekt für Vielfalt ethischer Überzeugungen dürfe nämlich nicht mit Kritiklosigkeit gleichgestellt werden. Welche Rolle sollten aber Rechtschutzstaaten sowie kollektivgüterproduzierende Staatsapparate heute noch spielen? Einer solchen Frage nachzugehen, ist keinesfalls einfach, weil „Gemeinwohl“ unterschiedlich wahrgenommen wird. Als besonders exemplarisch seien Entscheidungsmechanismen bei Wahlen, da vom Durchschnittswähler dabei nicht unbedingt nur das Privat-, sondern auch das Allgemeinwohl verfolgt werden könnte. In engem Kontakt dazu steht das Binom aus „Ethik“ und „individueller Vertragsautonomie“. Insgesamt sollten Gesetzgeber nur dann eingreifen, wenn es wirklich notwendig sein sollte. Manchmal sei selbst der Wille, ethische Standards im Wirtschaftsalltag zu verbessern, schlichtweg staatliche „Überrumpelung“ von Vertragsfreiheit, zumal Beschäftigte ebensolche Arbeitsverträge nicht unter Zwang haben unterschreiben müssen. Inwieweit das von den Autoren implizierte Prinzip der Entscheidungsfreiheit in Arbeitsbeziehungen (immer) zutreffe, ist aus Rezensentensicht offen gesagt besonders fraglich. Die Autoren befinden dabei, dass die Wahrung akzeptabler Alternativen öffentliche Aufgabe sein müsse, während private Wirtschaftssubjekte ihre Beziehungen weiterhin in freier Übereinkunft bestimmen sollten. „Prominentes“ Fallbeispiel sind dabei Vorstandsgehälter großer Aktiengesellschaften. Egal ob Bonizahlungen an Unternehmensziele gekoppelt seien, scheinen sie nur bedingt erforderlich zu sein, um Vorstände zu bestmöglicher Performance anzuregen. Dass Staaten in dieser Sache nicht alleine gefordert sein können, ist aber ersichtlich, da selbst Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften Einkommen von Vorstandsmitgliedern kappen könnten. (Langandauerndes) Ansteigen von Gehältern auf Spitzenebenen dürfe allerdings nicht als Zufallserscheinung abgetan werden. Mögliche Erklärungen könnten Globalisierung und Internationalisierung von Märkten auf steter Suche nach den „besten“ Humanressourcen liefern. Selbst das Streben nach „positionalen Gütern“, die typisch für gesellschaftlich herausgehobene Positionen sind, wird als Beweggrund genannt. Auch die globale Wirtschaftsund Finanzkrise wird als Markt-, aber gleichzeitig auch Staatsversagen eingestuft. Besonders intensiv widmen sich die Autoren daher der (vor einigen Jahren auf aller Munde stehenden) Frage, inwieweit man Equityund Hedge-Fonds gewähren Journal for Markets and Ethics/Zeitschrift für Marktwirtschaft und Ethik • 5(1) • 2017 DOI: 10.2478/jome-2018-0004","PeriodicalId":134384,"journal":{"name":"Journal for Markets and Ethics","volume":"486 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2017-12-20","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"3","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Journal for Markets and Ethics","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.2478/jome-2018-0004","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Das Buch stellt einen bedeutenden Versuch dar, sachliche und normative Grundlagen freier Wirtschaftsund Gesellschaftssysteme zu begreifen. Vor allem nehmen sich die Autoren vor, das Stichwort „Ethik“ zur Beantwortung unternehmerisch-ökonomischer Fragen zu nutzen. Respekt für Vielfalt ethischer Überzeugungen dürfe nämlich nicht mit Kritiklosigkeit gleichgestellt werden. Welche Rolle sollten aber Rechtschutzstaaten sowie kollektivgüterproduzierende Staatsapparate heute noch spielen? Einer solchen Frage nachzugehen, ist keinesfalls einfach, weil „Gemeinwohl“ unterschiedlich wahrgenommen wird. Als besonders exemplarisch seien Entscheidungsmechanismen bei Wahlen, da vom Durchschnittswähler dabei nicht unbedingt nur das Privat-, sondern auch das Allgemeinwohl verfolgt werden könnte. In engem Kontakt dazu steht das Binom aus „Ethik“ und „individueller Vertragsautonomie“. Insgesamt sollten Gesetzgeber nur dann eingreifen, wenn es wirklich notwendig sein sollte. Manchmal sei selbst der Wille, ethische Standards im Wirtschaftsalltag zu verbessern, schlichtweg staatliche „Überrumpelung“ von Vertragsfreiheit, zumal Beschäftigte ebensolche Arbeitsverträge nicht unter Zwang haben unterschreiben müssen. Inwieweit das von den Autoren implizierte Prinzip der Entscheidungsfreiheit in Arbeitsbeziehungen (immer) zutreffe, ist aus Rezensentensicht offen gesagt besonders fraglich. Die Autoren befinden dabei, dass die Wahrung akzeptabler Alternativen öffentliche Aufgabe sein müsse, während private Wirtschaftssubjekte ihre Beziehungen weiterhin in freier Übereinkunft bestimmen sollten. „Prominentes“ Fallbeispiel sind dabei Vorstandsgehälter großer Aktiengesellschaften. Egal ob Bonizahlungen an Unternehmensziele gekoppelt seien, scheinen sie nur bedingt erforderlich zu sein, um Vorstände zu bestmöglicher Performance anzuregen. Dass Staaten in dieser Sache nicht alleine gefordert sein können, ist aber ersichtlich, da selbst Hauptversammlungen von Aktiengesellschaften Einkommen von Vorstandsmitgliedern kappen könnten. (Langandauerndes) Ansteigen von Gehältern auf Spitzenebenen dürfe allerdings nicht als Zufallserscheinung abgetan werden. Mögliche Erklärungen könnten Globalisierung und Internationalisierung von Märkten auf steter Suche nach den „besten“ Humanressourcen liefern. Selbst das Streben nach „positionalen Gütern“, die typisch für gesellschaftlich herausgehobene Positionen sind, wird als Beweggrund genannt. Auch die globale Wirtschaftsund Finanzkrise wird als Markt-, aber gleichzeitig auch Staatsversagen eingestuft. Besonders intensiv widmen sich die Autoren daher der (vor einigen Jahren auf aller Munde stehenden) Frage, inwieweit man Equityund Hedge-Fonds gewähren Journal for Markets and Ethics/Zeitschrift für Marktwirtschaft und Ethik • 5(1) • 2017 DOI: 10.2478/jome-2018-0004