{"title":"Idee und Poetik strategischer Herrschaft in Elisabeths von Nassau-Saarbrücken Huge Scheppel","authors":"Johannes Traulsen","doi":"10.1515/9783110667004-009","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Volkssprachliche Literatur und Herrschaft sind im Mittelalter eng miteinander verflochten. Herrscher und die Ausübung von Herrschaft sind Gegenstand der literarischen Darstellung und die Texte sind in propositionaler und materialer Hinsicht Teil der Herrschaftsperformanz. Die Literatur thematisiert Herrschaft, indem sie ideale Herrscher vor Augen stellt (z. B. Karl den Großen), historische Linien zieht (z. B. von den antiken zu den mittelalterlichen Reichen) und kritische politische Konstellationen darstellt. Dabei kommt immer auch eine bestimmte Idee von Herrschaft zum Ausdruck und so lässt sich die Literatur des Mittelalters als Teil einer Ideengeschichte der Herrschaft betrachten. Ein beachtenswerter Fall im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit Herrschaft ist das im 15. Jahrhundert verfasste Prosaepos Huge Scheppel Elisabeths von Nassau-Saarbrücken, denn dieser Text stellt Herrschaft nicht nur dar, sondern nimmt Formen, Prinzipien und Mechanismen des Herrschens in den Blick. Im Gegensatz zu früheren Epen aus der Tradition der Chanson de geste führt der Huge Scheppel Herrschaft nicht auf göttliche Gnade oder besondere Virtuosität zurück, sondern stellt sie als Produkt politischer Prozesse und als Zustand temporärer Konstellationen aus. Diese strategische Dimension von Herrschaft erweist sich insbesondere am Protagonisten der Erzählung, denn mit ihm wird eine Figur zum König von Frankreich gemacht, die aus ethischen, genealogischen oder reichspolitischen Gründen weder dazu bestimmt wäre noch auch","PeriodicalId":224710,"journal":{"name":"Nach der Kulturgeschichte","volume":"09 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2021-12-06","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Nach der Kulturgeschichte","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/9783110667004-009","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Volkssprachliche Literatur und Herrschaft sind im Mittelalter eng miteinander verflochten. Herrscher und die Ausübung von Herrschaft sind Gegenstand der literarischen Darstellung und die Texte sind in propositionaler und materialer Hinsicht Teil der Herrschaftsperformanz. Die Literatur thematisiert Herrschaft, indem sie ideale Herrscher vor Augen stellt (z. B. Karl den Großen), historische Linien zieht (z. B. von den antiken zu den mittelalterlichen Reichen) und kritische politische Konstellationen darstellt. Dabei kommt immer auch eine bestimmte Idee von Herrschaft zum Ausdruck und so lässt sich die Literatur des Mittelalters als Teil einer Ideengeschichte der Herrschaft betrachten. Ein beachtenswerter Fall im Hinblick auf die Auseinandersetzung mit Herrschaft ist das im 15. Jahrhundert verfasste Prosaepos Huge Scheppel Elisabeths von Nassau-Saarbrücken, denn dieser Text stellt Herrschaft nicht nur dar, sondern nimmt Formen, Prinzipien und Mechanismen des Herrschens in den Blick. Im Gegensatz zu früheren Epen aus der Tradition der Chanson de geste führt der Huge Scheppel Herrschaft nicht auf göttliche Gnade oder besondere Virtuosität zurück, sondern stellt sie als Produkt politischer Prozesse und als Zustand temporärer Konstellationen aus. Diese strategische Dimension von Herrschaft erweist sich insbesondere am Protagonisten der Erzählung, denn mit ihm wird eine Figur zum König von Frankreich gemacht, die aus ethischen, genealogischen oder reichspolitischen Gründen weder dazu bestimmt wäre noch auch