{"title":"5 What’s the Message? Das AFSC zwischen Home und Foreign Service 1919–1935","authors":"","doi":"10.1515/9783110675788-007","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"An einem Tag im Juni 1930 stand Clarence Pickett an der Reling des Transatlantikliners Europa und betrachtete sinnierend die im Nebel vorbeiziehende Küste Long Islands. An diesem Tag kehrte der seit einem Jahr amtierende Generalsekretär des AFSC von einer mehr als zweimonatigen Reise zurück, die ihm einen ersten unmittelbaren Eindruck von der auswärtigen Arbeit der Quäker hatte verschaffen sollen. Er hatte in Europa eine Welt im Aufbruch erlebt und in der Mitte von allem „our little chain of Centers“, die versuchten diese Welt auf eine bessere Bahn zu bringen. Seine Aussicht war optimistisch:Was er gesehen hatte, machte ihn zuversichtlich, dass die begonnene Arbeit, so sie weitergeführt würde einen gewichtigen Beitrag leisten könnte „not only in bringing peace but new meaning of the life to the world“.1 Picketts Zuversicht mochte manchen überraschen angesichts der Tatsache, dass er in ein Land zurückkehrte, das seit Ende des Vorjahres im Begriff war, tief in die Great Depression zu gleiten und den Blick mehr denn je nach innen richtete. Die großen Hilfsoperationen des AFSC lagen zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Jahre zurück, ohne dass ihnen weitere Einsätze gefolgt wären. Und mehr als das: In den vorangegangenen Jahren hatten Wilbur Thomas und sein Nachfolger Pickett einen tiefgreifendenWandel des Komitees moderiert, in dem dieses sich von einer Institution des foreign relief zu einer Organisation entwickelte, die den home service, sprich: die Arbeit in den USA selbst als sein Haupttätigkeitsfeld zu betrachten begann. Wie zu zeigen sein wird, waren außen und innen, foreign und domestic freilich selten klar voneinander zu trennen, sondern bedingten und beeinflussten sich auf vielfache Weise wechselseitig. In der Diskussion um den Sinn und Zweck des AFSC, um seinen Auftrag und sein ethisches Fundament, um seine Position in derWelt und seine Haltung zu Regierung und Staat sowie um das (richtige) Verhältnis zwischen relief undmessage work waren die Erfahrungen der auswärtigen Hilfseinsätze und des heimischen service untrennbar miteinander verwoben. Dabei stellte sich die 1926 in einem Memorandum aufgeworfene Frage „(H)as the Service Committee a vital message, an effectivemethod and an ultimate motive?“ immer wieder aufs Neue.2","PeriodicalId":246013,"journal":{"name":"The Politics of Service","volume":"49 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2021-11-22","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"The Politics of Service","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.1515/9783110675788-007","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
An einem Tag im Juni 1930 stand Clarence Pickett an der Reling des Transatlantikliners Europa und betrachtete sinnierend die im Nebel vorbeiziehende Küste Long Islands. An diesem Tag kehrte der seit einem Jahr amtierende Generalsekretär des AFSC von einer mehr als zweimonatigen Reise zurück, die ihm einen ersten unmittelbaren Eindruck von der auswärtigen Arbeit der Quäker hatte verschaffen sollen. Er hatte in Europa eine Welt im Aufbruch erlebt und in der Mitte von allem „our little chain of Centers“, die versuchten diese Welt auf eine bessere Bahn zu bringen. Seine Aussicht war optimistisch:Was er gesehen hatte, machte ihn zuversichtlich, dass die begonnene Arbeit, so sie weitergeführt würde einen gewichtigen Beitrag leisten könnte „not only in bringing peace but new meaning of the life to the world“.1 Picketts Zuversicht mochte manchen überraschen angesichts der Tatsache, dass er in ein Land zurückkehrte, das seit Ende des Vorjahres im Begriff war, tief in die Great Depression zu gleiten und den Blick mehr denn je nach innen richtete. Die großen Hilfsoperationen des AFSC lagen zu diesem Zeitpunkt bereits mehrere Jahre zurück, ohne dass ihnen weitere Einsätze gefolgt wären. Und mehr als das: In den vorangegangenen Jahren hatten Wilbur Thomas und sein Nachfolger Pickett einen tiefgreifendenWandel des Komitees moderiert, in dem dieses sich von einer Institution des foreign relief zu einer Organisation entwickelte, die den home service, sprich: die Arbeit in den USA selbst als sein Haupttätigkeitsfeld zu betrachten begann. Wie zu zeigen sein wird, waren außen und innen, foreign und domestic freilich selten klar voneinander zu trennen, sondern bedingten und beeinflussten sich auf vielfache Weise wechselseitig. In der Diskussion um den Sinn und Zweck des AFSC, um seinen Auftrag und sein ethisches Fundament, um seine Position in derWelt und seine Haltung zu Regierung und Staat sowie um das (richtige) Verhältnis zwischen relief undmessage work waren die Erfahrungen der auswärtigen Hilfseinsätze und des heimischen service untrennbar miteinander verwoben. Dabei stellte sich die 1926 in einem Memorandum aufgeworfene Frage „(H)as the Service Committee a vital message, an effectivemethod and an ultimate motive?“ immer wieder aufs Neue.2