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Abstract
Agostino Steffani war ein exzellenter Komponist, zugleich ein außerordentlich agiler und von seinen Missionen überzeugter Diplomat, später ein erfolgreicher Politiker. Er agierte für den kurbayerischen Hof in München, für den zur Kurwürde strebenden Hof in Hannover (vor Ort und als Envoyé extraordin aire in Brüssel), für den kurpfälzischen Hof in Düsseldorf und für den Papst.1 Seine Musikerkarriere ging der diplomatischen zuerst voraus, dann bis ins erste Jahrzehnt des 18. Jahrhunderts mit ihr Hand in Hand. In den letzten zwanzig Lebensjahren trat sie fast gänzlich zurück. Da aber war der Musiker Steffani bereits eine anerkannte Autorität. Die hohe kompositorische und dramaturgische Qualität seiner Werke wurde von den Zeitgenossen als mustergültig gerühmt. Seine Hannoveraner Opern waren im Hamburger und Braunschweiger Spielplan fest etabliert. In Hamburg wurden Libretti zu seinen Opern bis in die 1730er-Jahre gedruckt; auch wenn es sich bei diesen späten Produktionen um musikalische Pasticci gehandelt haben kann, blieb doch Musik von Steffani länger als die langlebigsten Opern Keisers und Händels auf der Bühne am Gänsemarkt präsent. Steffanis musikphilosophische Schrift Quanta certezza habbia da suoi principii la musica (Amsterdam 1695) erschien 1700 in einer kommentierten deutschen Übersetzung Andreas Werckmeisters (die noch 1760 eine Neuauflage erlebte).2 Die 1726 gegründete Londoner Academy of Vocal Music (später Academy of Ancient Music) wählte Steffani 1727 zum Präsidenten – seine letzte große Ehrung als Musiker. Um 1750 setzte John Hawkins, selbst Mitglied der Academy, diesem ersten Präsidenten mit den Memoirs of the Life of Sig. Agostino Steffani, der frühesten Individualbiographie eines Musikers, ein wichtiges Denkmal. Thema