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Abstract
Timothy Williamson argumentiert in The Philosophy of Philosophy gegen eine Position, die er »Philosophischer Exzeptionalismus« nennt: die Auffassung, dass sich die Philosophie entweder in Bezug auf ihren Gegenstandsbereich (subject matter) oder in Bezug auf ihre Methode beziehungsweise die Art der Evidenz, auf die sie sich abstützt, grundlegend von anderen Wissenschaften unterscheidet. Entgegen einem verbreiteten Irrglauben, so Williamsons Auffassung, handeln philosophische Wahrheiten nicht nur oder hauptsächlich von Begriffen.1 Außerdem ist die Philosophie Williamson zufolge im Gegensatz zu den Naturwissenschaften zwar im Wesentlichen ein Lehnstuhl-Unterfangen. Aber damit unterscheidet sie sich nur graduell von den Naturwissenschaften. Und die Evidenz, auf die sich Philosophinnen und Philosophen berufen, und ihre Vorgehensweise sind nicht kategorial verschieden von der Evidenz und der Vorgehensweise von Naturwissenschaftlern (und der Evidenz und der Vorgehensweise, mittels derer wir in alltäglichen Erwägungen außerhalb der Wissenschaften Erkenntnisse erlangen). Für die vorliegende Abhandlung sind zwei Themen aus Williamsons Buch besonders interessant: Erstens die Behauptung, dass philosophische Fragen nicht nur nicht explizit, sondern auch nicht implizit von sprachlichen Ausdrücken oder von Begriffen handeln. Zweitens das Thema Analytizität, mit dem sich Williamson über fast hundert Seiten hinweg in zwei Kapiteln auseinandersetzt. Williamson argumentiert in diesen Kapiteln nicht grundsätzlich gegen die Existenz analytischer Wahrheiten. Er meint, dass es unproblematische Konzeptionen von Analytizität gibt, insbesondere die so genannte »Frege-Analytizität«, unter Rückgriff auf die sich beispielsweise der Satz »Junggesellen sind unverheiratete Männer« als analytisch herausstellen lässt. Williamson argumentiert aber sowohl gegen die Auffassung, dass es