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Mit Omid, der mit seiner Skepsis die vierte Wand durchbricht, fragen sich auch die Filmzuschauer*innen sukzessive: „Ist das hier alles nur inszeniert?“ Wo endet die Dokumentation, wo die Fiktion – oder ist die Grenze zwischen beiden längst aufgelöst? Jafar Panahi ist ein in Ost-Aserbaidschan geborener iranischer Filmemacher, der bereits in frühester Jugend eine Leidenschaft für das Kino, insbesondere für das italienische Kino der 1950er Jahre entwickelt. Als Assistent seines Lehrmeis ters und späteren Mentors Abbas Kiarostami lernt er ein iranisches Kino kennen, das einWeltkino ist: Kiarostami, 2016 verstorben, gilt heute als einer der wichtigs ten Regisseure der globalen Filmgeschichte.2 Er ist es auch, der das Drehbuch zu Panahis Spielfilmdebüt Badkonake Sefid (dt. Derweisse Ballon)3 verfasst. Der Film wird 1995 sogleich mit der Goldenen Kamera der Filmfestspiele von Cannes ausgezeichnet. Seither ist Panahi zu einemder bekanntesten Filmemacher*innen des Iran aufgestiegen, hat 2000 mit dem Spielfilm Dayereh (dt. Der Kreis) den Goldenen Löwen in Venedig und mit Offside 2006 den Silbernen Bären der Ber linale gewinnen können. Offside, ein Film über eine Gruppe von Mädchen und Frauen, die versuchen, das entscheidendeWM-Qualifikationsspiel der iranischen Fußballnationalmannschaft in Teheran zu besuchen, ist vielleicht der bekann teste Film des Regisseurs: im Iran verboten – in Europa gefeiert. Leicht hatte es","PeriodicalId":102241,"journal":{"name":"Dokufiktionalität in Literatur und Medien","volume":"14 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2021-11-08","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"1","resultStr":"{\"title\":\"Alles nur inszeniert? 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Alles nur inszeniert? Das politische Kino Jafar Panahis
„Sie machen doch hier einen Film, oder?“, fragt in Jafar Panahis 2015 erschiene nem Film Taxi der Fahrgast Omid den merkwürdigen Taxifahrer, in dessen Wa gen er gestiegen ist und hinter dem er – zu Recht, wie sich herausstellt – den ira nischen Regisseur Panahi vermutet.1 In diesem Taxi spielt sich Alltägliches und zugleich Sonderbares ab, sodass Omid sich bald als Teil einer filmischen Insze nierung wähnt, die Panahi, der Regisseur (nicht der Taxifahrer), bewusst so an geordnet hat. „Sie haben das alles nur inszeniert und denken, ich falle darauf herein“ (Taxi, 00:17:59), glaubt Omid zuwissen – und ist sich bis zumEnde seiner Taxifahrt so sicher doch nicht. Mit Omid, der mit seiner Skepsis die vierte Wand durchbricht, fragen sich auch die Filmzuschauer*innen sukzessive: „Ist das hier alles nur inszeniert?“ Wo endet die Dokumentation, wo die Fiktion – oder ist die Grenze zwischen beiden längst aufgelöst? Jafar Panahi ist ein in Ost-Aserbaidschan geborener iranischer Filmemacher, der bereits in frühester Jugend eine Leidenschaft für das Kino, insbesondere für das italienische Kino der 1950er Jahre entwickelt. Als Assistent seines Lehrmeis ters und späteren Mentors Abbas Kiarostami lernt er ein iranisches Kino kennen, das einWeltkino ist: Kiarostami, 2016 verstorben, gilt heute als einer der wichtigs ten Regisseure der globalen Filmgeschichte.2 Er ist es auch, der das Drehbuch zu Panahis Spielfilmdebüt Badkonake Sefid (dt. Derweisse Ballon)3 verfasst. Der Film wird 1995 sogleich mit der Goldenen Kamera der Filmfestspiele von Cannes ausgezeichnet. Seither ist Panahi zu einemder bekanntesten Filmemacher*innen des Iran aufgestiegen, hat 2000 mit dem Spielfilm Dayereh (dt. Der Kreis) den Goldenen Löwen in Venedig und mit Offside 2006 den Silbernen Bären der Ber linale gewinnen können. Offside, ein Film über eine Gruppe von Mädchen und Frauen, die versuchen, das entscheidendeWM-Qualifikationsspiel der iranischen Fußballnationalmannschaft in Teheran zu besuchen, ist vielleicht der bekann teste Film des Regisseurs: im Iran verboten – in Europa gefeiert. Leicht hatte es