Erkennen – Der klinische Blick auf die kutane Tuberkulose

IF 5.5 4区 医学 Q1 DERMATOLOGY
Cathrin Gramminger, Tilo Biedermann
{"title":"Erkennen – Der klinische Blick auf die kutane Tuberkulose","authors":"Cathrin Gramminger,&nbsp;Tilo Biedermann","doi":"10.1111/ddg.15674_g","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"<p>Mit 1,3 Millionen Todesfällen pro Jahr ist die Tuberkulose weltweit die zweithäufigste infektiöse Todesursache. Etwa 25 % der Weltbevölkerung sind latent infiziert, jedoch entwickeln nur 5 %–10 % eine behandlungsbedürftige Tuberkulose. Im Jahr 2022 wurden 10,6 Millionen therapiebedürftige Neuinfektionen verzeichnet.<span><sup>1</sup></span></p><p>Die kutane Tuberkulose ist mit einer Prävalenz von 1,5 %–3 %<span><sup>2-4</sup></span> eine vergleichsweise seltene Manifestationsform. Angesichts der weltweiten Gesamtzahl an Tuberkuloseinfektionen entspricht dies jedoch mindestens 150 000 Fällen. In Hochprävalenzländern macht die kutane Tuberkulose etwa 2 % der dermatologischen Konsultationen aus. Ein Drittel der Patienten mit kutaner Tuberkulose weist gleichzeitig eine systemische Form auf, dadurch kommt Dermatologen eine entscheidende Rolle als Wegweiser in der Diagnostik zu.</p><p>Mehr als die Hälfte der weltweiten Tuberkulose-Infektionen finden sich in fünf Ländern: Indien, Indonesien, China, Pakistan und Philippinen.<span><sup>1</sup></span> Deutschland ist vor allem durch Migration von Tuberkulose betroffen: Im Jahr 2022 wurden über 4000 Tuberkulose-Neuinfektionen gemeldet, davon 71 % bei Personen mit fremder Staatsangehörigkeit.<span><sup>5, 6</sup></span> Die Eindämmung der Tuberkulose wurde in den letzten Jahren nicht nur von der HIV-Epidemie und den Antibiotikaresistenzen, sondern auch durch die Umverteilung von Ressourcen während der Covid-19-Pandemie erschwert. <span><sup>7-9</sup></span> So wurde mit 5,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 über 10 % weniger als  2019 in ihre Prävention und Behandlung global investiert, dies könnte mit dem aktuellen Anstieg der Fallzahlen im Zusammenhang stehen.<span><sup>1</sup></span></p><p>Häufigster Erreger der Tuberkulose ist das <i>Mycobacterium (M.) tuberculosis</i>, gefolgt von den selteneren Auslösern <i>M. bovis</i> und BCG-Bacillus (attenuierter <i>M.-bovis</i>-Stamm zur Impfung). Es handelt sich dabei um aerobe, unbewegliche, nicht sporenbildende, fakultativ intrazelluläre Stäbchen.</p><p>Der hohe Lipidanteil in der Zellwand macht diese Bakterien ausgesprochen widerstandsfähig und sorgt für die Säure- und Alkoholfestigkeit. In den meisten Fällen verläuft der Infektionsweg aerogen. Die intakte Haut stellt eine gute Schutzbarriere dar. Ein Eindringen von Mykobakterien ist somit nur durch Mikrotraumen möglich.<span><sup>10</sup></span></p><p>Innerhalb von 6–8 Wochen wird der Erreger bei guter Immunlage abgewehrt oder abgekapselt. Diese Initialphase ist meist asymptomatisch. Gelegentlich treten ein Erythema nodosum (bis zu 10 %) oder grippeähnliche Symptome auf.<span><sup>11</sup></span></p><p>Die Immunlage bestimmt das klinische Bild der Tuberkulose ganz wesentlich. Die Konsequenzen der Interaktion des Immunsystems mit den Tuberkelbakterien reicht von der Elimination der Bakterien über eine Kontrolle durch Granulombildung bis hin zur unkontrollierten Aussaat der Bakterien (zum Beispiel Miliartuberkulose). Die Abwehrmechanismen gegen Mykobakterien schließen sowohl das angeborene als auch das erworbene Immunsystem ein. Auf der Seite des angeborenen Immunsystems wirken beispielsweise <i>Toll-like</i>-Rezeptoren, die <i>Pathogen-associated molecular pattern</i> (PAMP) binden und unter anderem antimikrobielle Peptide hochregulieren.<span><sup>12, 13</sup></span> Die Granulombildung ist eine koordinierte Ansammlung verschiedener Immunzellen, insbesondere von Makrophagen, die sich zu mehrkernigen Riesenzellen fusionieren, sowie von Lymphozyten. Mykobakterien infizieren dendritische Zellen und Makrophagen und hemmen die Reifung der Phagosomen durch Serin-/Threonin-Kinasen. Durch die Inaktivierung reaktiver Sauerstoffspezies und die Verhinderung der Phago-Lysosom-Fusion können sich die Bakterien in diesem Milieu vermehren.<span><sup>13</sup></span> Ein „wirksames“ Granulom schließt die Bakterien ein, schirmt diese dadurch ab, aber verhindert auch deren Ausbreitung. Unter den Lymphozytensubpopulationen haben sich insbesondere die Interferon-γ-produzierenden Th1-Lymphozyten als entscheidend für die Kontrolle der Tuberkelbakterien erwiesen. Ebenso spielt der von Th1-Zellen und verschiedenen anderen Zellpopulationen produzierte Tumornekrosefaktor (TNF) eine Schlüsselrolle bei der Granulombildung sowie der für die Tuberkulose typischen verkäsenden Nekrose.<span><sup>12, 14</sup></span> Dabei werden Matrix-Metalloproteinasen hochreguliert, die wesentlich zu der für die Tuberkulose charakteristischen Gewebszerstörung beitragen.<span><sup>15</sup></span> Gleichermaßen nehmen Th17-Zellen eine wichtige Rolle bei der Bildung und Aufrechterhaltung der Granulome ein.<span><sup>13</sup></span> Die Bildung von Granulomen ist ein Versuch des Körpers, die Infektion zu kontrollieren, kann aber zu Gewebeschäden und den typischen Symptomen der Tuberkulose führen, wenn die Infektion nicht unter Kontrolle gehalten wird.<span><sup>16</sup></span></p><p>Ein „reifes Granulom“ repräsentiert somit eine „Pattsituation“ zwischen der Immunantwort und den Mykobakterien. Sowohl die Immun- als auch die Ernährungssituation können diese Balance maßgeblich beeinflussen. Auch die Erscheinungsformen und der Schweregrad der kutanen Tuberkulose sind stark von der individuellen Immunlage der Patientinnen und Patienten geprägt.</p><p>Die Diagnosestellung der kutanen Tuberkulose beinhaltet immunologische Tests, direkte Erregernachweismethoden, Resistenztestungen sowie die Ausbreitungsdiagnostik. Beweisend für eine Tuberkulose ist der Erregernachweis in Kultur oder PCR (Polymerase-Kettenreaktion). Optimalerweise sollten drei 6-mm-Stanzen für die Kultur, die PCR und die Histologie aus der Läsion entnommen werden.<span><sup>17, 18</sup></span> Aufgrund der langsamen Teilung dauert die kulturelle Anzucht je nach Medium 6–8 Wochen und wird stets mit Resistenztestungen auf Antibiotika durchgeführt.<span><sup>19, 20</sup></span> Mittels PCR (aussagekräftiger aus Frischmaterial) ist neben dem Keimnachweis ebenfalls der Nachweis häufiger Resistenzmutationen möglich.<span><sup>17</sup></span> Die säurefesten Stäbchen lassen sich histologisch erst ab einer ausreichenden Keimzahl, zum Beispiel mittels Ziehl-Neelsen-Färbung, nachweisen, was die schlechte Sensitivität erklärt.</p><p>Bei guter Immunlage bildet der Körper tuberkulöse Granulome aus Epitheloidzellen und mehrkernigen Langerhans-Riesenzellen. Im Zentrum dieser Granulome findet sich eine unterschiedlich ausgeprägte verkäsende Nekrose, während die Außenzone von umgebenden Lymphozyten geprägt ist. Bei schlechter Immunlage hingegen zeigt sich lediglich eine unspezifische Entzündung, die initial durch neutrophile Granulozyten und im Verlauf zunehmend von Lymphozyten und Makrophagen dominiert wird.<span><sup>21, 22</sup></span></p><p>Bei multibazillären Formen gelingt der Erregernachweis meist und eine sofortige Isolation der Patienten ist notwendig. Paucibazilläre Formen können auch durch eine negative Färbung, negative PCR oder negative Kultur nicht sicher ausgeschlossen werden. Eine Wiederholung der Diagnostik kann notwendig sein.</p><p>Folgende zwei Tests zeigen, ob sich der Organismus bereits immunologisch mit Tuberkulose auseinandergesetzt hat: Beim T-Spot werden im Blut zirkulierende Lymphozyten mit Antigenen des <i>M.-tuberculosis</i>-Komplexes inkubiert und anschließend die Interferon-γ-Freisetzung gemessen.<span><sup>23</sup></span> Der deutlich kostengünstigere Tuberkulin-Hauttest ist eine Spättypreaktion auf intradermal injizierte Proteinderivate von Mykobakterien. Aus letzterem Testprinzip erklären sich die falsch negativen Ergebnisse bei Immundefizienz sowie die falsch positiven nach Impfungen.<span><sup>24</sup></span></p><p>Als wichtigster Risikofaktor für eine Tuberkulose ist eine HIV-Erkrankung zu nennen, entsprechende Tests sollten daher zusätzlich veranlasst werden.<span><sup>25</sup></span></p><p>Zur weiteren Ausbreitungsdiagnostik verweisen wir auf die Leitlinien.</p><p>Die Therapie der Hauttuberkulose ist identisch zur Lungentuberkulose. Auch hier gilt die Sensibilitätstestung vor Therapieeinleitung als obligatorisch, beispielsweise durch ein PCR-basiertes Schnellresistenztestverfahren. Für Erwachsene bleibt die empfohlene Standardtherapie unverändert: Isoniazid (INH), Rifampicin, Ethambutol und Pyrazinamid werden für zwei Monate kombiniert, gefolgt von einer viermonatigen Weiterbehandlung mit Isoniazid und Rifampicin.<span><sup>5, 25</sup></span> Dabei ist eine regelmäßige Überwachung der häufigsten Nebenwirkungen wie Hepatitis, Neuritis, Neuropathie, Hyperurikämie und Thrombozytopenie erforderlich. Im Behandlungsregime wird nicht zwischen Tuberkuliden und anderen kutanen Tuberkulose-Formen unterschieden. Ein Therapieansprechen ist nach 4–6 Wochen zu erwarten, mit vollständigem Abheilen der Läsionen nach 1–5 Monaten.<span><sup>22, 26</sup></span> Während die Antibiotikaresistenzen der Tuberkulose weltweit zunehmen, bleibt die Situation in Deutschland mit einer Resistenzrate von 5,7 % im Jahr 2022 bisher stabil niedrig.<span><sup>6</sup></span></p><p>Besondere Bedeutung kommt der multiresistenten Tuberkulose (MDR-TBC) zu, bei der Resistenzen gegen die beiden Hauptmedikamente Isoniazid und Rifampicin vorliegen. Ihre Behandlung sollte in spezialisierten Tuberkulose-Zentren erfolgen. Aktuell wird für die MDR-TBC eine mindestens sechsmonatige Therapie mit Bedaquilin, Pretomanid, Linezolid und Moxifloxacin (BPaLM-Regime) empfohlen. Eine Monoresistenz gegen Rifampicin wird analog zur MDR-TBC behandelt.<span><sup>5</sup></span></p><p>Bei Komplikationen oder zusätzlichen Resistenzen sollte eine individualisierte Behandlung mit mindestens vier Medikamenten aus den WHO-Gruppen A bis C entsprechend des Resistenzprofils über 18 Monate erfolgen.<span><sup>27</sup></span> Zu den zusätzlichen Resistenzen zählen die prä-XDR-TBC, bei der Resistenzen gegen Isoniazid, Rifampicin und Fluorchinolone vorliegen, sowie die XDR-TBC, die zusätzlich Resistenzen gegen Bedaquilin oder Linezolid aufweist.</p><p>Auch bei der Zweit- und Drittlinientherapie müssen die Nebenwirkungen aktiv überwacht werden. Bei abszedierenden Formen ist zusätzlich eine chirurgische Sanierung sinnvoll. Multibazilläre Formen mit Ulzerationen und Fisteln entsprechen einer offenen Tuberkulose und diese Patienten sollten isoliert werden.<span><sup>28</sup></span> Nach einem Monat adäquater Therapie gilt der Großteil als nicht mehr infektiös, äquivalent zur Lungen-TBC.<span><sup>29</sup></span></p><p>Eine vorherige Sensibilisierung des Körpers mit Mykobakterien, das zelluläre Immunsystem, der Infektionsweg und die Virulenz der jeweiligen Mykobakterien definieren die klinische Erscheinungsform der Hauttuberkulose. Aufgrund der Komplexität existieren diverse Einteilungen der klinischen Formen (Tabelle 1). Die beiden großen Gruppen der multibazillären und paucibazillären Formen sind stark abhängig von zellulärer Immunität des Patienten. Wesentlich ist zudem, ob der Erstkontakt mit der Tuberkulose über die Haut erfolgt (primär), ob bereits eine spezifische Immunantwort aufgebaut wurde und ein Primärkomplex durchlaufen wurde (postprimär) oder ob es sich um eine immunologische Reaktion der Haut auf eine Organtuberkulose handelt (Tuberkulid). Das Erscheinungsbild der kutanen Tuberkulose wird ebenfalls durch den Infektionsweg bestimmt, der entweder exogen durch Inokulation oder endogen über lymphogene, hämatogene oder <i>per continuitatem</i> erfolgende Ausbreitung erfolgen kann.</p><p>Es ist entscheidend, sich die kutane Tuberkulose als mögliche Differenzialdiagnose bewusst zu machen, um diese zeitnah zu erkennen, multibazilläre Formen zu isolieren und mögliche Infektionsketten zu durchbrechen. Die oft verzögerte Diagnosestellung und Therapie, aufgrund der Ähnlichkeiten zu anderen Dermatosen, kann zudem zu Vernarbung führen und das Risiko der Bildung eines Plattenepithelkarzinoms bei Lupus vulgaris erhöhen (10 % der langbestehenden Läsionen).</p><p>Die Hautveränderungen der Tuberkulose können ein Hinweis auf eine systemische Tuberkulose sein, und eine zeitnahe Weiterbehandlung der Patienten kann ihr Mortalitätsrisiko senken.</p><p>Bei einer Kombination aus passender Klinik und fehlendem Ansprechen auf Vortherapien - insbesondere bei immunsupprimierten Patienten sowie einer Reiseanamnese oder Herkunft aus Hochrisikoländern - sollte auch heute an die kutane Tuberkulose gedacht werden.</p><p>Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.</p><p>Keiner.</p>","PeriodicalId":14758,"journal":{"name":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","volume":"23 7","pages":"793-803"},"PeriodicalIF":5.5000,"publicationDate":"2025-07-14","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/epdf/10.1111/ddg.15674_g","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"Journal Der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft","FirstCategoryId":"3","ListUrlMain":"https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/ddg.15674_g","RegionNum":4,"RegionCategory":"医学","ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"Q1","JCRName":"DERMATOLOGY","Score":null,"Total":0}
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Abstract

Mit 1,3 Millionen Todesfällen pro Jahr ist die Tuberkulose weltweit die zweithäufigste infektiöse Todesursache. Etwa 25 % der Weltbevölkerung sind latent infiziert, jedoch entwickeln nur 5 %–10 % eine behandlungsbedürftige Tuberkulose. Im Jahr 2022 wurden 10,6 Millionen therapiebedürftige Neuinfektionen verzeichnet.1

Die kutane Tuberkulose ist mit einer Prävalenz von 1,5 %–3 %2-4 eine vergleichsweise seltene Manifestationsform. Angesichts der weltweiten Gesamtzahl an Tuberkuloseinfektionen entspricht dies jedoch mindestens 150 000 Fällen. In Hochprävalenzländern macht die kutane Tuberkulose etwa 2 % der dermatologischen Konsultationen aus. Ein Drittel der Patienten mit kutaner Tuberkulose weist gleichzeitig eine systemische Form auf, dadurch kommt Dermatologen eine entscheidende Rolle als Wegweiser in der Diagnostik zu.

Mehr als die Hälfte der weltweiten Tuberkulose-Infektionen finden sich in fünf Ländern: Indien, Indonesien, China, Pakistan und Philippinen.1 Deutschland ist vor allem durch Migration von Tuberkulose betroffen: Im Jahr 2022 wurden über 4000 Tuberkulose-Neuinfektionen gemeldet, davon 71 % bei Personen mit fremder Staatsangehörigkeit.5, 6 Die Eindämmung der Tuberkulose wurde in den letzten Jahren nicht nur von der HIV-Epidemie und den Antibiotikaresistenzen, sondern auch durch die Umverteilung von Ressourcen während der Covid-19-Pandemie erschwert. 7-9 So wurde mit 5,8 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 über 10 % weniger als  2019 in ihre Prävention und Behandlung global investiert, dies könnte mit dem aktuellen Anstieg der Fallzahlen im Zusammenhang stehen.1

Häufigster Erreger der Tuberkulose ist das Mycobacterium (M.) tuberculosis, gefolgt von den selteneren Auslösern M. bovis und BCG-Bacillus (attenuierter M.-bovis-Stamm zur Impfung). Es handelt sich dabei um aerobe, unbewegliche, nicht sporenbildende, fakultativ intrazelluläre Stäbchen.

Der hohe Lipidanteil in der Zellwand macht diese Bakterien ausgesprochen widerstandsfähig und sorgt für die Säure- und Alkoholfestigkeit. In den meisten Fällen verläuft der Infektionsweg aerogen. Die intakte Haut stellt eine gute Schutzbarriere dar. Ein Eindringen von Mykobakterien ist somit nur durch Mikrotraumen möglich.10

Innerhalb von 6–8 Wochen wird der Erreger bei guter Immunlage abgewehrt oder abgekapselt. Diese Initialphase ist meist asymptomatisch. Gelegentlich treten ein Erythema nodosum (bis zu 10 %) oder grippeähnliche Symptome auf.11

Die Immunlage bestimmt das klinische Bild der Tuberkulose ganz wesentlich. Die Konsequenzen der Interaktion des Immunsystems mit den Tuberkelbakterien reicht von der Elimination der Bakterien über eine Kontrolle durch Granulombildung bis hin zur unkontrollierten Aussaat der Bakterien (zum Beispiel Miliartuberkulose). Die Abwehrmechanismen gegen Mykobakterien schließen sowohl das angeborene als auch das erworbene Immunsystem ein. Auf der Seite des angeborenen Immunsystems wirken beispielsweise Toll-like-Rezeptoren, die Pathogen-associated molecular pattern (PAMP) binden und unter anderem antimikrobielle Peptide hochregulieren.12, 13 Die Granulombildung ist eine koordinierte Ansammlung verschiedener Immunzellen, insbesondere von Makrophagen, die sich zu mehrkernigen Riesenzellen fusionieren, sowie von Lymphozyten. Mykobakterien infizieren dendritische Zellen und Makrophagen und hemmen die Reifung der Phagosomen durch Serin-/Threonin-Kinasen. Durch die Inaktivierung reaktiver Sauerstoffspezies und die Verhinderung der Phago-Lysosom-Fusion können sich die Bakterien in diesem Milieu vermehren.13 Ein „wirksames“ Granulom schließt die Bakterien ein, schirmt diese dadurch ab, aber verhindert auch deren Ausbreitung. Unter den Lymphozytensubpopulationen haben sich insbesondere die Interferon-γ-produzierenden Th1-Lymphozyten als entscheidend für die Kontrolle der Tuberkelbakterien erwiesen. Ebenso spielt der von Th1-Zellen und verschiedenen anderen Zellpopulationen produzierte Tumornekrosefaktor (TNF) eine Schlüsselrolle bei der Granulombildung sowie der für die Tuberkulose typischen verkäsenden Nekrose.12, 14 Dabei werden Matrix-Metalloproteinasen hochreguliert, die wesentlich zu der für die Tuberkulose charakteristischen Gewebszerstörung beitragen.15 Gleichermaßen nehmen Th17-Zellen eine wichtige Rolle bei der Bildung und Aufrechterhaltung der Granulome ein.13 Die Bildung von Granulomen ist ein Versuch des Körpers, die Infektion zu kontrollieren, kann aber zu Gewebeschäden und den typischen Symptomen der Tuberkulose führen, wenn die Infektion nicht unter Kontrolle gehalten wird.16

Ein „reifes Granulom“ repräsentiert somit eine „Pattsituation“ zwischen der Immunantwort und den Mykobakterien. Sowohl die Immun- als auch die Ernährungssituation können diese Balance maßgeblich beeinflussen. Auch die Erscheinungsformen und der Schweregrad der kutanen Tuberkulose sind stark von der individuellen Immunlage der Patientinnen und Patienten geprägt.

Die Diagnosestellung der kutanen Tuberkulose beinhaltet immunologische Tests, direkte Erregernachweismethoden, Resistenztestungen sowie die Ausbreitungsdiagnostik. Beweisend für eine Tuberkulose ist der Erregernachweis in Kultur oder PCR (Polymerase-Kettenreaktion). Optimalerweise sollten drei 6-mm-Stanzen für die Kultur, die PCR und die Histologie aus der Läsion entnommen werden.17, 18 Aufgrund der langsamen Teilung dauert die kulturelle Anzucht je nach Medium 6–8 Wochen und wird stets mit Resistenztestungen auf Antibiotika durchgeführt.19, 20 Mittels PCR (aussagekräftiger aus Frischmaterial) ist neben dem Keimnachweis ebenfalls der Nachweis häufiger Resistenzmutationen möglich.17 Die säurefesten Stäbchen lassen sich histologisch erst ab einer ausreichenden Keimzahl, zum Beispiel mittels Ziehl-Neelsen-Färbung, nachweisen, was die schlechte Sensitivität erklärt.

Bei guter Immunlage bildet der Körper tuberkulöse Granulome aus Epitheloidzellen und mehrkernigen Langerhans-Riesenzellen. Im Zentrum dieser Granulome findet sich eine unterschiedlich ausgeprägte verkäsende Nekrose, während die Außenzone von umgebenden Lymphozyten geprägt ist. Bei schlechter Immunlage hingegen zeigt sich lediglich eine unspezifische Entzündung, die initial durch neutrophile Granulozyten und im Verlauf zunehmend von Lymphozyten und Makrophagen dominiert wird.21, 22

Bei multibazillären Formen gelingt der Erregernachweis meist und eine sofortige Isolation der Patienten ist notwendig. Paucibazilläre Formen können auch durch eine negative Färbung, negative PCR oder negative Kultur nicht sicher ausgeschlossen werden. Eine Wiederholung der Diagnostik kann notwendig sein.

Folgende zwei Tests zeigen, ob sich der Organismus bereits immunologisch mit Tuberkulose auseinandergesetzt hat: Beim T-Spot werden im Blut zirkulierende Lymphozyten mit Antigenen des M.-tuberculosis-Komplexes inkubiert und anschließend die Interferon-γ-Freisetzung gemessen.23 Der deutlich kostengünstigere Tuberkulin-Hauttest ist eine Spättypreaktion auf intradermal injizierte Proteinderivate von Mykobakterien. Aus letzterem Testprinzip erklären sich die falsch negativen Ergebnisse bei Immundefizienz sowie die falsch positiven nach Impfungen.24

Als wichtigster Risikofaktor für eine Tuberkulose ist eine HIV-Erkrankung zu nennen, entsprechende Tests sollten daher zusätzlich veranlasst werden.25

Zur weiteren Ausbreitungsdiagnostik verweisen wir auf die Leitlinien.

Die Therapie der Hauttuberkulose ist identisch zur Lungentuberkulose. Auch hier gilt die Sensibilitätstestung vor Therapieeinleitung als obligatorisch, beispielsweise durch ein PCR-basiertes Schnellresistenztestverfahren. Für Erwachsene bleibt die empfohlene Standardtherapie unverändert: Isoniazid (INH), Rifampicin, Ethambutol und Pyrazinamid werden für zwei Monate kombiniert, gefolgt von einer viermonatigen Weiterbehandlung mit Isoniazid und Rifampicin.5, 25 Dabei ist eine regelmäßige Überwachung der häufigsten Nebenwirkungen wie Hepatitis, Neuritis, Neuropathie, Hyperurikämie und Thrombozytopenie erforderlich. Im Behandlungsregime wird nicht zwischen Tuberkuliden und anderen kutanen Tuberkulose-Formen unterschieden. Ein Therapieansprechen ist nach 4–6 Wochen zu erwarten, mit vollständigem Abheilen der Läsionen nach 1–5 Monaten.22, 26 Während die Antibiotikaresistenzen der Tuberkulose weltweit zunehmen, bleibt die Situation in Deutschland mit einer Resistenzrate von 5,7 % im Jahr 2022 bisher stabil niedrig.6

Besondere Bedeutung kommt der multiresistenten Tuberkulose (MDR-TBC) zu, bei der Resistenzen gegen die beiden Hauptmedikamente Isoniazid und Rifampicin vorliegen. Ihre Behandlung sollte in spezialisierten Tuberkulose-Zentren erfolgen. Aktuell wird für die MDR-TBC eine mindestens sechsmonatige Therapie mit Bedaquilin, Pretomanid, Linezolid und Moxifloxacin (BPaLM-Regime) empfohlen. Eine Monoresistenz gegen Rifampicin wird analog zur MDR-TBC behandelt.5

Bei Komplikationen oder zusätzlichen Resistenzen sollte eine individualisierte Behandlung mit mindestens vier Medikamenten aus den WHO-Gruppen A bis C entsprechend des Resistenzprofils über 18 Monate erfolgen.27 Zu den zusätzlichen Resistenzen zählen die prä-XDR-TBC, bei der Resistenzen gegen Isoniazid, Rifampicin und Fluorchinolone vorliegen, sowie die XDR-TBC, die zusätzlich Resistenzen gegen Bedaquilin oder Linezolid aufweist.

Auch bei der Zweit- und Drittlinientherapie müssen die Nebenwirkungen aktiv überwacht werden. Bei abszedierenden Formen ist zusätzlich eine chirurgische Sanierung sinnvoll. Multibazilläre Formen mit Ulzerationen und Fisteln entsprechen einer offenen Tuberkulose und diese Patienten sollten isoliert werden.28 Nach einem Monat adäquater Therapie gilt der Großteil als nicht mehr infektiös, äquivalent zur Lungen-TBC.29

Eine vorherige Sensibilisierung des Körpers mit Mykobakterien, das zelluläre Immunsystem, der Infektionsweg und die Virulenz der jeweiligen Mykobakterien definieren die klinische Erscheinungsform der Hauttuberkulose. Aufgrund der Komplexität existieren diverse Einteilungen der klinischen Formen (Tabelle 1). Die beiden großen Gruppen der multibazillären und paucibazillären Formen sind stark abhängig von zellulärer Immunität des Patienten. Wesentlich ist zudem, ob der Erstkontakt mit der Tuberkulose über die Haut erfolgt (primär), ob bereits eine spezifische Immunantwort aufgebaut wurde und ein Primärkomplex durchlaufen wurde (postprimär) oder ob es sich um eine immunologische Reaktion der Haut auf eine Organtuberkulose handelt (Tuberkulid). Das Erscheinungsbild der kutanen Tuberkulose wird ebenfalls durch den Infektionsweg bestimmt, der entweder exogen durch Inokulation oder endogen über lymphogene, hämatogene oder per continuitatem erfolgende Ausbreitung erfolgen kann.

Es ist entscheidend, sich die kutane Tuberkulose als mögliche Differenzialdiagnose bewusst zu machen, um diese zeitnah zu erkennen, multibazilläre Formen zu isolieren und mögliche Infektionsketten zu durchbrechen. Die oft verzögerte Diagnosestellung und Therapie, aufgrund der Ähnlichkeiten zu anderen Dermatosen, kann zudem zu Vernarbung führen und das Risiko der Bildung eines Plattenepithelkarzinoms bei Lupus vulgaris erhöhen (10 % der langbestehenden Läsionen).

Die Hautveränderungen der Tuberkulose können ein Hinweis auf eine systemische Tuberkulose sein, und eine zeitnahe Weiterbehandlung der Patienten kann ihr Mortalitätsrisiko senken.

Bei einer Kombination aus passender Klinik und fehlendem Ansprechen auf Vortherapien - insbesondere bei immunsupprimierten Patienten sowie einer Reiseanamnese oder Herkunft aus Hochrisikoländern - sollte auch heute an die kutane Tuberkulose gedacht werden.

Open access Veröffentlichung ermöglicht und organisiert durch Projekt DEAL.

Keiner.

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识别——皮肤结核病的临床视角
每年有130万人死于结核病,是世界上第二大传染病死亡原因。世界上大约25%的人口受到潜在感染,但只有5%到10%的人发展成需要治疗的结核病。截至2018年,已有1060万例新感染病例。1皮肤结核是一种相对罕见的表现形式,患病率为1.5% - 3% 2-4。然而,考虑到全世界感染结核病的总人数,这至少相当于15万例。在高患病率国家,皮肤结核约占皮肤科就诊的2%。三分之一的皮肤结核患者同时表现为系统性形式,这使得皮肤科医生在诊断中发挥着至关重要的指导作用。世界上一半以上的结核病感染发生在五个国家:印度、印度尼西亚、中国、巴基斯坦和菲律宾。1德国的结核病主要受到移民的影响:2022年,超过4000 Tuberkulose-Neuinfektionen报警,其中71人(与陌生人Staatsangehörigkeit.5 6遏制结核病被近年来不仅艾滋病毒和Antibiotikaresistenzen期间通过重新分配资源,也是Covid-19-Pandemie使得.例如,到2022年,全球在预防和治疗方面的投资为58亿美元,比2019年减少了10%以上,这可能与目前病例数量的增加有关。结核病最常见的病原体是结核分枝杆菌(M.),其次是更罕见的病原体牛分枝杆菌和卡介苗(用于疫苗接种的减毒牛分枝杆菌)。它们是有氧的、不动的、不产生孢子的、可选的细胞内棒。细胞壁中的高脂含量使这些细菌具有很强的抵抗力,并提供了抗酸和抗酒精的能力。在大多数情况下,感染途径是气道。完整的皮肤是一个很好的保护屏障。因此,只有通过微创伤才能进入分枝杆菌。如果免疫系统良好,在6-8周内,病原体被击退或被封住。这个初始阶段通常是无症状的。有时会出现结节性红斑(高达10%)或流感样症状。免疫系统在很大程度上决定了结核病的临床表现。免疫系统与结核杆菌相互作用的影响范围从消灭细菌到通过形成颗粒控制细菌,再到不受控制地播种细菌(如军医结核)。对分枝杆菌的防御机制包括先天和后天免疫系统。例如,在先天免疫系统的一侧,Tol -like受体与病原体相关分子模式(PAMP)结合,并高度调节抗菌肽。在大多数情况下,免疫球蛋白是免疫细胞的一部分,特别是巨噬细胞,它们融合成多核巨噬细胞和淋巴细胞。分枝杆菌感染树突状细胞和巨噬细胞,并通过丝氨酸/苏氨酸激酶抑制吞噬体的成熟。通过使活性氧失活和阻止噬菌体-溶酶体融合,细菌可以在这种环境中繁殖。一种“有效”的颗粒包围细菌,从而保护它们,但也阻止它们的传播。在淋巴细胞亚群中,产生干扰素γ的Th1淋巴细胞已被证明对控制结核杆菌至关重要。同样玩Th1-Zellen和其它多种Zellpopulationen生产Tumornekrosefaktor (TNF)方面发挥了重要的Granulombildung以及结核病典型verkäsenden Nekrose.12 14而且Matrix-Metalloproteinasen hochreguliert、结核病的情况大幅度Gewebszerstörung beitragen.15同样,Th17细胞在肉芽肿的形成和维持中发挥着重要作用。肉芽肿的形成是人体控制感染的一种尝试,但如果感染得不到控制,可能会导致组织损伤和典型的结核病症状。因此,一个“成熟的肉芽肿”代表了免疫反应和分枝杆菌之间的“僵局”。免疫和营养状况都可能对这种平衡产生重大影响。此外,皮肤结核的表现和严重程度在很大程度上取决于患者的个人免疫系统。 由于其复杂性,有各种各样的临床形式的分类(表1)。两大类多杆菌和半杆菌形式高度依赖于患者的细胞免疫。另一个问题是,是否已经形成了一种特定的免疫反应,是否已经经过了原发复合体(原发后),或者是否皮肤对器官结核的免疫反应(结核)。皮肤结核的表现也由感染途径决定,感染途径可以是外源性接种,也可以是内源性淋巴、血液性或连续传播。至关重要的是要认识到皮肤结核病是一种可能的鉴别诊断,以便及时发现它,分离多杆菌形式,并打破可能的感染链。由于与其他皮肤病相似,经常延迟诊断和治疗,也可能导致疤痕,增加寻常狼疮发展为鳞状上皮癌的风险(占长期病变的10%)。结核病皮肤的变化可能是系统性结核病的征兆,及时的随访可以降低患者的死亡风险。如果适当的临床治疗和对治疗前治疗缺乏反应——特别是在免疫功能低下的患者中,以及有旅行史或来自高危国家的患者中——皮肤结核病今天仍然应该被考虑。开放获取发布是由DEAL.Keiner项目实现和组织的。
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期刊介绍: The JDDG publishes scientific papers from a wide range of disciplines, such as dermatovenereology, allergology, phlebology, dermatosurgery, dermatooncology, and dermatohistopathology. Also in JDDG: information on medical training, continuing education, a calendar of events, book reviews and society announcements. Papers can be submitted in German or English language. In the print version, all articles are published in German. In the online version, all key articles are published in English.
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