{"title":"Gille, Christoph; Jagusch, Birgit & Chehata, Yasmine (Hrsg.). (2022). Die extreme Rechte in der Sozialen Arbeit. Grundlagen – Arbeitsfelder – Handlungsmöglichkeiten. Weinheim/Basel: Beltz/Juventa. 509 Seiten, ISBN:978-3-7799-6626-5, 34,95 Euro","authors":"Lena Reichstetter, Katja Görgen","doi":"10.3224/zrex.v2i2.10","DOIUrl":null,"url":null,"abstract":"Soziale Arbeit bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Entpolitisierung und selbstverständlichem Antagonismus zu einer extremen Rechten. Bereits diese Widersprüchlichkeit in der Konstruktion der Fachrichtung sollte die Relevanz einer vertieften, kritischen Auseinandersetzung des Zusammenspiels von extremer Rechter und Sozialer Arbeit deutlich machen. Mit dem Sammelband „Die extreme Rechte in der sozialen Arbeit“ von Christoph Gille, Birgit Jagusch und Yasmine Chehata (2022) ist nun ein neues Standardwerk zur theoriebasierten Weiterentwicklung der Praxis erschienen. Die Herausgeber*innen bündeln dabei nicht nur unterschiedliche wissenschaftliche Perspektiven zum Thema rechte Ideologien im Kontext Sozialer Arbeit, sondern schaffen es, eine mehrdimensionale, komplexe Analyse in Grundlagentexte einzuarbeiten. Unterteilt in fünf Kapitel bieten die knapp gehaltenen Beiträge einen gelungenen Forschungsüberblick zu ihren jeweiligen komplexen Schwerpunktthemen. Entgegen dem gängigen Narrativ, stellt der Band Soziale Arbeit als selbstverständlichen Gegenpol zu rechten Strömungen zur Disposition. Dabei löst sich die Diskussion von dem bisherigen Fokus auf die Jugendarbeit und intendiert, die ganze Bandbreite der Sozialen Arbeit in den Blick zu nehmen. Es ist eine ganzheitliche Betrachtung sowohl des gesamten Arbeitsfeldes als auch der facettenreichen Überschneidungen von extremer Rechter, Forschung und Praxis der Sozialen Arbeit. Auffällig ist dabei insbesondere der radikal ehrliche Einstieg in Form eines kritischen und mahnenden Prologs von Ibrahim Arslan und Nadine Ünsal (2022). Dieser zwingt den*die Leser*in von Beginn an, sich mit der Kritik an einer weiß-deutschen Dominanzperspektive auf rechte Gewalt, Opfer, Überlebende und Gegenkultur zu konfrontieren. Auch wenn der Text kaum Bezug auf die sozialarbeiterische Praxis nimmt, formuliert er eindringlich den Selbstanspruch des Bandes: eine „radikaldemokratische Ausrichtung von politischer Bildung und Praxis, welche Betroffene als Akteure und Aktivist*innen ernst nimmt und mit ihnen gemeinsam konkrete Forderungen und Maßnahmen erarbeitet“ (Arslan/Ünsal 2021: 34). In diesem Rahmen wird das systematische Überhören und Unsichtbarmachen von Betroffenenperspektiven im öffentlichen, wissenschaftlichen, politischen sowie fachlichen Diskurs als Teil struktureller Gewalt adressiert. Neben diesem an sich schon hohen Anspruch setzt sich der Band darüber hinaus zum Ziel, den Themenkomplex auf mindestens drei Ebenen zu beleuchten: erstens, die extreme Rechte als historischer, personeller und ideologischer Teil der Sozialen Arbeit, zweitens, die","PeriodicalId":194986,"journal":{"name":"ZRex – Zeitschrift für Rechtsextremismusforschung","volume":"1 1","pages":"0"},"PeriodicalIF":0.0000,"publicationDate":"2022-10-20","publicationTypes":"Journal Article","fieldsOfStudy":null,"isOpenAccess":false,"openAccessPdf":"","citationCount":"0","resultStr":null,"platform":"Semanticscholar","paperid":null,"PeriodicalName":"ZRex – Zeitschrift für Rechtsextremismusforschung","FirstCategoryId":"1085","ListUrlMain":"https://doi.org/10.3224/zrex.v2i2.10","RegionNum":0,"RegionCategory":null,"ArticlePicture":[],"TitleCN":null,"AbstractTextCN":null,"PMCID":null,"EPubDate":"","PubModel":"","JCR":"","JCRName":"","Score":null,"Total":0}
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Abstract
Soziale Arbeit bewegt sich im Spannungsfeld zwischen Entpolitisierung und selbstverständlichem Antagonismus zu einer extremen Rechten. Bereits diese Widersprüchlichkeit in der Konstruktion der Fachrichtung sollte die Relevanz einer vertieften, kritischen Auseinandersetzung des Zusammenspiels von extremer Rechter und Sozialer Arbeit deutlich machen. Mit dem Sammelband „Die extreme Rechte in der sozialen Arbeit“ von Christoph Gille, Birgit Jagusch und Yasmine Chehata (2022) ist nun ein neues Standardwerk zur theoriebasierten Weiterentwicklung der Praxis erschienen. Die Herausgeber*innen bündeln dabei nicht nur unterschiedliche wissenschaftliche Perspektiven zum Thema rechte Ideologien im Kontext Sozialer Arbeit, sondern schaffen es, eine mehrdimensionale, komplexe Analyse in Grundlagentexte einzuarbeiten. Unterteilt in fünf Kapitel bieten die knapp gehaltenen Beiträge einen gelungenen Forschungsüberblick zu ihren jeweiligen komplexen Schwerpunktthemen. Entgegen dem gängigen Narrativ, stellt der Band Soziale Arbeit als selbstverständlichen Gegenpol zu rechten Strömungen zur Disposition. Dabei löst sich die Diskussion von dem bisherigen Fokus auf die Jugendarbeit und intendiert, die ganze Bandbreite der Sozialen Arbeit in den Blick zu nehmen. Es ist eine ganzheitliche Betrachtung sowohl des gesamten Arbeitsfeldes als auch der facettenreichen Überschneidungen von extremer Rechter, Forschung und Praxis der Sozialen Arbeit. Auffällig ist dabei insbesondere der radikal ehrliche Einstieg in Form eines kritischen und mahnenden Prologs von Ibrahim Arslan und Nadine Ünsal (2022). Dieser zwingt den*die Leser*in von Beginn an, sich mit der Kritik an einer weiß-deutschen Dominanzperspektive auf rechte Gewalt, Opfer, Überlebende und Gegenkultur zu konfrontieren. Auch wenn der Text kaum Bezug auf die sozialarbeiterische Praxis nimmt, formuliert er eindringlich den Selbstanspruch des Bandes: eine „radikaldemokratische Ausrichtung von politischer Bildung und Praxis, welche Betroffene als Akteure und Aktivist*innen ernst nimmt und mit ihnen gemeinsam konkrete Forderungen und Maßnahmen erarbeitet“ (Arslan/Ünsal 2021: 34). In diesem Rahmen wird das systematische Überhören und Unsichtbarmachen von Betroffenenperspektiven im öffentlichen, wissenschaftlichen, politischen sowie fachlichen Diskurs als Teil struktureller Gewalt adressiert. Neben diesem an sich schon hohen Anspruch setzt sich der Band darüber hinaus zum Ziel, den Themenkomplex auf mindestens drei Ebenen zu beleuchten: erstens, die extreme Rechte als historischer, personeller und ideologischer Teil der Sozialen Arbeit, zweitens, die